Plötzlich sind meine Eltern alt geworden
Oft sind es Kleinigkeiten, die Kinder zum ersten Mal aufhorchen lassen: Vater und Mutter sind vielleicht nicht mehr so adrett wie früher, angeschlagene Tassen stehen auf dem Tisch oder die Sauberkeit der elterlichen Wohnung lässt zu wünschen übrig. Sie überraschen Ihre Mutter beim Fensterputzen auf einem wackeligen Küchenstuhl und stellen fest, dass sie als 81-Jährige – genauso wie die letzten 70 Jahre auch – mit der drei Meter hohen Leiter in den Apfelbaum klettert. Kinder bemerken, dass ihre Eltern plötzlich starrsinnig auf ihrer Meinung beharren, obwohl diese nachweislich falsch ist. Auch eine nie gekannte Ängstlichkeit kann den Alterungsprozess verdeutlichen: Sei es der wiederholte Anruf, was die Mutter denn zur Hochzeit des Enkels in zwei Monaten besser tragen solle, das weiße oder das grüne Kleid, oder die bevorstehende väterliche Geburtstagsfeier, die plötzlich mit einer großen Aufregung verbunden ist, obwohl sie seit 50 Jahren exakt gleich abläuft.
Wir beginnnen uns Sorgen um unsere Eltern zu machen und hören uns selbst Sätze sagen wie: „Hast du deine Medikamente heute schon genommen?“
Der wiederholte Verlust des Haustürschlüssels und die dritte EC-Karten-Sperrung innerhalb von sechs Monaten können Kinder ebenso in Alarmbereitschaft versetzen wie das gehäufte Auftreten von kleineren und größeren Krankheiten, einhergehend mit Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten.
Manche Kinder erkennen durch einen sichtbaren Gewichtsverlust, dass Vater und Mutter die Freude an der Essenszubereitung verloren haben. Durch einen Zufall stellt sich vielleicht heraus, dass die Eltern zu wenig trinken. Andere registrieren die Veränderungen durch ein nachlassendes Interesse an Ereignissen außerhalb der eigenen Wände, durch die ständige Wiederholung von Themen oder ausufernde Berichte von früher.
Auf die Frage: „Braucht ihr Hilfe?“ antworten viele Eltern: „Nein, danke, wir kommen gut zurecht.“ Somit erkennen Kinder das wahre Ausmaß der Hilfsbedürftigkeit oft ganz überraschend, obwohl gestern noch alles gut zu funktionieren schien.
So erging es Angelika, 47 Jahre, die bei einem Besuch ihrer Eltern zufällig einen Schrank öffnet und entgeistert feststellte: „Sie waren vollgestopft mit gewaschener und benutzter Kleidung, Schmuck, Kontoauszügen, ungeöffneten Rechnungen, mit Weihnachtsdeko und schimmligen Keksen!“…………………………
Erfahren Sie mehr darüber in meinem Buch: „Wenn die Eltern plötzlich alt sind“, Kapitel III Seite 42
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